„Erziehung ist Beziehung – nicht Kontrolle.“– Jesper Juul
- Eleonore Hasler
- 7. Mai
- 2 Min. Lesezeit
Kennen Sie das auch?
Sie sind müde, gestresst, Ihr Kind hört nicht auf – und ehe Sie sich versehen, sagen Sie: „Wenn du das jetzt nicht lässt, dann gibt’s kein Eis!“ „Dann ist die Gamekonsole gestrichen!“
Ich habe es vor Kurzem bei einer Bekannten und ihrem Sohn erlebt. Eine alltägliche Szene, wie sie so viele Eltern kennen. Ein kurzer Moment, ein Satz, ein drohender Tonfall – und der Blick des Kindes, der mir das Herz zerrissen hat. So viel Unsicherheit. So viel Rückzug in einem kleinen Gesicht.
Von aussen konnte ich es sofort sehen: Hier geht es nicht um Erziehung, sondern um Verbindung, die gerade brüchig wird. Und gleichzeitig wusste ich: Auch ich bin diesen Weg schon gegangen. Wahrscheinlich öfter, als ich mir eingestehen möchte.
Wir alle haben solche Momente. Doch sie dürfen uns nicht beschämen – sondern berühren. Denn genau dort beginnt Veränderung.
Was passiert in diesem Moment?
Vielleicht hoffen Sie auf Einsicht. Verständnis. Kooperation. Doch Ihr Kind fühlt etwas ganz anderes: Angst. Verunsicherung. Ohnmacht.
Die Botschaft, die ankommt, ist nicht:„Ich will dich begleiten“,sondern: „Unsere Verbindung ist an Bedingungen geknüpft. Ich muss funktionieren – sonst verliere ich dich.“
Was Kinder aus Angst lernen, erreicht nie ihr Herz. Es schafft Abstand. Misstrauen. Und irgendwann: inneren Widerstand.
Doch Sie können den Weg verändern. Nicht perfekt – aber bewusst. Nicht fehlerfrei – aber in Verbindung.
3 Wege raus aus der Spirale
1. Spüren Sie Ihren eigenen Schmerz
Drohungen entstehen selten aus Stärke, meist aus innerem Alarm. Wut. Hilflosigkeit. Ohnmacht. Wenn Sie diesen Schmerz erkennen, können Sie anders handeln. Atmen. Spüren. Erinnern: Sie müssen nicht durchsetzen. Sie dürfen verbinden.
2. Setzen Sie auf Wiedergutmachung statt auf Strafe
Nach einem Fehler braucht Ihr Kind keine Angst – sondern die Chance, Verantwortung zu übernehmen. Zeigen Sie ihm, wie Heilung geht: Mit Worten. Mit Gesten. Mit echtem Einsatz. Mit einem "Tut mir leid." So bleibt Ihre Beziehung intakt – und Ihr Kind lernt fürs Leben.
3. Halten Sie den Raum – auch bei Grenzen
Grenzen sind wichtig – doch wie Sie sie setzen, macht den Unterschied. Ziehen Sie sich nicht zurück. Bleiben Sie präsent. Bleiben Sie zugewandt. Gerade in schwierigen Momenten braucht Ihr Kind Ihre Sicherheit – nicht Ihre Distanz.
Bindungsorientierte Konsequenzen nähren die Beziehung, die Ihr Kind am meisten braucht: Die zu Ihnen. Und genau diese Nähe ist der Boden, auf dem Einsicht, Reife und Vertrauen wachsen können.
Sie müssen nicht perfekt sein
Aber Sie können sich jeden Tag neu entscheiden, Brücken zu bauen. In Liebe. In Geduld. In Verbundenheit.
Bindungsorientiert zu leben heisst nicht, jedem Wunsch Ihres Kindes nachzugeben – das habe ich eine Zeit lang geglaubt. Es heisst: Die Beziehung zu Ihnen selbst ist die erste, die zählt.
Wenn Sie etwas nicht wollen, bleiben Sie bei sich. Verbiegen Sie sich nicht. Denn Kinder brauchen Eltern, die für sich selbst einstehen – freundlich und klar.
Es geht nicht um Strafen. Es geht um Verbindung. Um echte Nähe. Und vielleicht vor allem: um die Beziehung zu sich selbst.
Wenn es Ihnen schwerfällt, bei sich zu bleiben – dann schauen Sie liebevoll hin. Nicht nur für Ihr Kind. Sondern auch für sich.
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